Bahnhof Hochdahl Umbau wird verschoben

Bahnhof Hochdahl Umbau
Bahnhof Hochdahl mit Bahnübergang, der Umbau zur barrierefreien Bahnstation wurde verschoben, der Bahnübergang soll geschlossen werden

Bahnhof Hochdahl barrierefreier Umbau vorerst gestoppt

Die Meldung gleicht einem Paukenschlag: Der Bahnhof in Hochdahl, welcher umgebaut und bei dieser Gelegenheit barrierefrei gestaltet werden sollte, wird nun doch nicht saniert. Angeblich wurde das Projekt "Bahnhof Hochdahl barrierefreier Umbau" auf Veranlassung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr auf unbestimmte Zeit verschoben. Der beschrankte Bahnübergang am Hochdahler Bahnhof soll im August 2013 geschlossen werden.

Bahnhof Hochdahl und Unterführung Zustand

Der Bahnhof in Hochdahl, zugehörig zur Stadt Erkrath, steht schon seit einigen Jahren in der Kritik, nicht barrierefrei zu sein. Deshalb verlangt die Stadt seit vielen Jahren den Umbau der Bahnhofs zur barrierefreien Bahnstation endlich zu realisieren. Des Weiteren liegt der Bahnhof an einem beschrankten Bahnübergang, der mitten durch Hochdahl verläuft und so diesen Ortsteil von Erkrath in zwei Hälften spaltet. Über den Bahnübergang dürfen Autos in Richtung Süden fahren, alle nichtmotorisierten Verkehre können sich in beide Richtungen bewegen.

Durch die ebenfalls vorhandene Unterführung am Bahnhof Hochdahl können Fußgänger die geschlossenen Schranken umgehen, wenn sie denn gut zu Fuß unterwegs sind, denn: von der Nordseite führt eine Rampe in die Unterführung, auf der Südseite am Aufgang findet man jedoch nur eine Treppe vor! Menschen mit Behinderungen, die auf Rollstuhl und andere Gehhilfen angewiesen sind sowie Familien mit Kinderwagen kommen hier - wenn überhaupt - nur unter unzumutbaren Bedingungen hinauf.

Mit den Bahnsteigen sieht es nicht anders aus, man erreicht sie von der Unterführung aus über eine Treppe. Ein Fahrstuhl ist nicht vorhanden. Es geht hier also nicht nur um den Umbau zu einer barrierefreien Bahnstation sondern auch um die Gestaltung einer ebenfalls barrierefreien Infrastruktur um den Bahnhof herum.

Bahnhof Hochdahl Umbaubeginn

Als wir aus der Redaktion von wato.de im Oktober 2012 Kenntnis davon bekamen, dass noch im Dezember 2012 mit dem Umbau des Hochdahler Bahnhofs begonnen werden soll, waren wir sehr erfreut und beschlossen, eine Dokumentation mit den Baugeschehnissen zu schreiben, um diese auf wato.de zu veröffentlichen. Noch im November fotografierten wir den Bahnhof in Hochdahl im ursprünglichen, nicht-barrierefreien Zustand und die Unterführung. Bis Weihnachten schauten wir wöchentlich einmal nach, ob denn der Bau schon begonnen hätte. Doch leider Fehlanzeige... Aus "gutem" Grund, wie wir nun erfahren haben!

Bahnhof Hochdahl Absage des Umbaus

Aus Kreisen der SPD Erkrath wurde verlautbar, dass die Deutsche Bahn die Ausschreibung zur Sanierung des S-Bahn-Haltepunktes Hochdahl auf Veranlassung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) zurückgenommen hat. Begründung: Der VRR beabsichtigt, die demnächst zu bestellenden S-Bahnzüge der Linien S 5 und S 8 mit einer Ausstiegshöhe von 76 cm statt der bislang hier verwendeten Wagen mit einer Höhe von 96 cm über Gleis auszuschreiben. Um diese Züge wie geplant ab dem Jahr 2014 einzusetzen müssten die Gleisbetten am Hochdahler Bahnhof erhöht werden oder entsprechende andere Niveau angleichende Baumaßnahmen getroffen werden.

Bahnhof Hochdahl Schließung des Bahnübergangs

Und damit nicht genug: Die Bahn plant die Schließung des Bahnübergangs am Hochdahler Bahnhof. Dies würde bedeuten, dass zumindest Gehbehinderte, welche auf Rollstuhl und Rollator angewiesen sind und Familien mit Kinderwagen nur über einen erheblichen Umweg von einem in den anderen Stadtteil gelangen könnten. Als Alternative gilt ein Umweg von etwas mehr als 1100 Metern, zum Teil entlang der neuen Umgehungsstraße. Während Autofahrer auf dem gleichen Weg eine Ausweichroute haben, stellt diese Alternative für Rollifahrer und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen aufgrund der Länge und des Höhenunterschiedes im Verlauf des Weges eine unzumutbare Lösung dar. Der Bahnübergang darf nicht geschlossen werden!

Auch der Bürgermeister der Stadt Erkrath, Arno Werner, ist über den Verlauf der Dinge bestürzt und teilt den Unmut der Fraktionen und der Stadt. Wie aus einem Zeitungsbericht der Rheinischen Post zu entnehmen ist, hat Bürgermeister Werner bereits mit VRR-Chef Martin Husmann gesprochen und ist wenig optimistisch hinsichtlich des Umbaus des Hochdahler Bahnhofs. Detlef Ehlert, Mitglied des Stadtrates Erkrath und Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, ersucht Martin Husmann sowie Mitglieder der Deutschen Bahn und des Kreises, der Einladung zu weiteren Gesprächen zu folgen.

Anmerkung der Redaktion:

Wir sind ebenfalls fassungslos, wie sich die ganze Angelegenheit um den Umbau des Hochdahler Bahnhofs gestaltet. Wie dem Brief von Herrn Ehlert an den VRR zu entnehmen ist gab es intensive Gespräche, zeitaufwendige Planungen und dann wurde alles wieder gekippt...

Und das zu einer Zeit in der Schaffung von Barrierefreiheit groß geschrieben wird und immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gerade von Betreibern Öffentlicher Personenbeförderungsunternehmen in einer Größenordnung wie dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hätten wir mehr Engagement in Sachen Gestaltung von Barrierefreiheit erwartet. Unter diesen Umständen lässt sich der Betrieb - wie es scheint - nur mit zweitklassigen Unternehmen vergleichen, die zwar offiziell die Schaffung von Barrierefreiheit begrüßen, sich aber leider an vielen Stellen hinter Bemühungen verschanzen.

Uns ist durchaus bewusst, dass die Umstellung auf Barrierefreiheit in öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsbetrieben zum Teil mit großem finanziellen Aufwand verbunden ist. Aber wir haben bei unseren verschiedenen Recherchen im Bereich "Rollstuhl und Tourismus" von Projekten erfahren, die sehr erfolgreich zu Ende geführt wurden und mit denen mittlerweile gute Umsätze erzielt werden. Andererseits haben wir Argumente gehört die Bestürzung und Unverständnis bei uns auslösten. Ein städtischer Tourismusverband begründete sein nicht-barrierefreies Stadtbild damit, dass man sich für das UNESCO Weltkulturerbe beworben habe und deshalb die Schaffung von Barrierefreiheit nicht vorgesehen sei. Man könne schließlich nicht beides haben.

Leider herrscht in Deutschland unter touristischen wie auch nicht-touristischen Betrieben wie Tourismusverbänden, Personenbeförderungsunternehmen, Einrichtungen mit öffentlichen Ämtern usw. vielerorts noch immer eine starke Ignoranz gegenüber Menschen, die von Behinderungen aller Art betroffen sind. Familien mit Kinderwagen und teilweise auch Senioren werden durch diese Ignoranz oft vor die gleichen Probleme gestellt wie Rollstuhlfahrer und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.
Wir wünschen uns, dass in Deutschland schnellstmöglich Gesetze erlassen werden, welche die Schaffung von Barrierefreiheit regeln. Dann wird auch der VRR entsprechend handeln und beispielsweise den barrierefreien Umbau des Hochdahler Bahnhofs vornehmen müssen!

Wir werden das Projekt weiterhin verfolgen. Sollten sich neue Entwicklungen ergeben, werden wir gern darüber berichten.

Liebe Leser, wenn Sie mögen können Sie gern Ihre Meinung in der Kommentarfunktion hinterlassen. Wir veröffentlichen diese gern!

Sabine Wiedamann

Foto: www.wato.de, Sabine Wiedamann

Datum: 18.01.2013

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